Unverträglichkeit oder Allergie? – Wann macht Essen krank?
Immer mehr Menschen leiden nach dem Verzehr bestimmter Nahrungsmittel unter Beschwerden wie zum Beispiel Blähungen, Kreislaufproblemen, Durchfall, Übelkeit oder schmerzhaften Bauchkrämpfen. Doch was steckt genau dahinter? Wann ist eine Unverträglichkeit gegeben und wann eine Allergie? Was bezeichnet eigentlich der Begriff „Nahrungsmittelunverträglichkeit“ und was ist die Ursache für die damit verbundenen Beschwerden?
Diese Begriffe werden leider als Synonym füreinander verwendet, doch es handelt sich konkret um zwei völlig unterschiedliche Begrifflichkeiten und Beschwerdebilder. Erfahren Sie hier in diesem Artikel mehr über die so wichtige Unterscheidung zwischen einer Unverträglichkeit, einer sogenannten Intoleranz und einer Allergie.
Intoleranzen und Allergien – zwei völlig unterschiedliche Erscheinungsbilder
Bei einer Nahrungsmittel-Allergie handelt es sich um eine immunologische Überreaktion. Das bedeutet, dass das körpereigene Immunsystem fälschlicherweise harmlose Stoffe als potenzielle Gefahren einstuft. Diese Immunreaktion wird meistens durch Proteinbestandteile in Lebensmitteln ausgelöst. Diese unverträglichen Eiweiße werden in der Fachterminologie auch als Allergene bezeichnet. Eine solche Nahrungsmittelallergie kann sich auf Hühnereier, Weizen, Erdnüsse, Fisch oder auch Milch richten. Bereits kleinste Mengen des jeweiligen Nahrungsmittels können zu Röten, Kreislaufbeschwerden, Schwellungen oder gar Luftnot führen!
Sobald der Körper in Kontakt mit ihnen kommt, werden bestimmte Antikörper gebildet, sogenannte Immunglobuline. Treffen nun ein solches Allergen und ein Antikörper aufeinander, setzen die körpereigenen Gewebszellen – die sogenannten Mastzellen – Histamin frei. Hierbei handelt es sich um eine körpereigene Substanz, die vom Körper selbst produziert, aber auch über bestimmte Nahrungsmittel aufgenommen wird.
Eine echte Lebensmittel Allergie ist selten. Nur rund zwei bis 5 Prozent der ganzen Erdbevölkerung sind von einer solchen Allergie gegen bestimmte Lebensmittelgruppen betroffen.
Deutlich häufiger kommt es zu einer sogenannten Intoleranz: Der größte Unterschied zu einer Allergie ist, dass hier keine Reaktion des Immunsystems zugrunde liegt. Vielmehr handelt es sich in den meisten Fällen um einen Enzym-Defekt. Zu diesem Bereich gehört zum Beispiel eine Fruchtzucker-, eine Histamin- oder auch eine Laktoseunverträglichkeit (Milchzuckerunverträglichkeit).
Eine Ausnahme ist die Zöliakie, die Glutenunverträglichkeit, denn hier ist das Immunsystem sehr stark mitbeteiligt.
Zwei Beschwerdebilder, ähnliche Symptome
Auch wenn eine Allergie nicht mit einer Intoleranz gleichzusetzen ist, so können die Begleiterscheinungen und Anzeichen doch sehr ähnlich ausfallen. In beiden Fällen kommt es zu unangenehmem Durchfall, Verstopfung, Blähungen oder Bauchkrämpfen. So kann es sein, dass Kohlenhydrate vom Organismus nicht richtig aufgenommen werden können. Sie gelangen infolgedessen in Darmabschnitte, in die sie nicht hineingehören. Die sich dort befindlichen Mikroorganismen verstoffwechseln schließlich diesen Zucker und die daraus entstehenden Abbauprodukte rufen schließlich die typischen Symptome hervor!
Zusätzlich zu Symptomen im Verdauungstrakt können auch unspezifische Begleiterscheinungen auftreten wie etwa Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Schnupfen, Schluckbeschwerden, Herzrasen oder Kopfschmerzen! Eben weil diese Symptome und Anzeichen so unspezifisch sind, ist eine Diagnose alles andere als leicht. Häufig ist das für die Betroffenen mit einem langen Leidensweg verbunden, bis dann schließlich eine konkrete Diagnose gefällt wird. Erst dann kann mit einer adäquaten Behandlung begonnen und die Lebensqualität wiederhergestellt werden.
Wichtig:
Es ist wichtig, Beschwerden rechtzeitig auf den Grund zu gehen, die konkrete Ursache zu ermitteln und eine geeignete Therapie zu beginnen. Bleibt nämlich beispielsweise eine Zöliakie gänzlich unbehandelt, verändert sich die Schleimhaut des Dünndarms mehr und mehr. Die Zotten des Dünndarms – die unzähligen kleinen Erhebungen der Schleimhautoberfläche – verschwinden letztlich komplett. In diesem Zusammenhang wird auch von einer Zottenatrophie gesprochen. Durch eine konsequente glutenfreie Kost, kann sich die Schleimhaut jedoch wieder regenerieren.
Die häufigsten Nahrungsmittelunverträglichkeiten
Hierzu werden vor allem vier Intoleranzen gezählt:
Die Laktoseunverträglichkeit
Bei der Laktoseintoleranz ist eine Unverträglichkeit gegenüber Milchzucker gegeben. Hier produziert der Körper das Enzym Laktase in einer nicht ausreichenden Menge. Infolgedessen ist der Organismus nicht im Stande, den Milchzucker im Darm in Galaktose sowie in Glucose aufzuspalten. Stattdessen wird die Laktose, also der Milchzucker von Darmbakterien zersetzt.
Dadurch entstehen die typischen Symptome wie Durchfall oder starke Blähungen.
Eine Laktoseintoleranz ist in der Bevölkerungsschicht sehr weit verbreitet. Durch laktosefreie Produkte oder geeignete unterstützende Präparate, lässt sich diese Unverträglichkeit jedoch sehr gut in den Griff bekommen.
Wenn Sie mehr über die Laktoseunverträglichkeit erfahren möchten, empfehle ich Ihnen unseren Blog Artikel: “Ich mag Käse – trotz meiner Laktoseunverträglichkeit“
Die Histamin-Unverträglichkeit
Auch hierbei handelt es sich um eine sogenannte enzymatische Unverträglichkeit! Das Enzym Diaminoxidase (DAO) sorgt im menschlichen Darm für den Histamin-Abbau. Wird nun eine zu geringe Menge dieses Enzyms produziert, dann kommt es auch zu einem nicht ausreichenden Histamin-Abbau. Das kann zum Beispiel dann vorkommen, wenn die Diaminoxidase-Enzyme überlastet sind, weil beispielsweise über die täglichen Mahlzeiten zu viel Histamin zugeführt wird.
Lebensmittel wie lang gereifter Käse, Nüsse oder auch Rotwein enthalten hohe Histamin-Menge, die den Körper durchaus „überfordern“ können.
Auch bei einer erkrankten Darmschleimhaut kann es dazu kommen, dass die DAO-Enzyme nicht mehr im Stande sind, ihre Funktion ordnungsgemäß zu verrichten. Zudem produziert auch der Körper selbst gewisse Histamin-Mengen. Reichert sich nun zu viel endogenes (körperinternes) Histamin an und kommen über die Nahrung weitere hohe Mengen hinzu, kann es zu den typischen Beschwerden kommen. Hierzu gehören zum Beispiel Juckreiz, Kopfschmerzen, Bauchbeschwerden, Durchfall, Hautausschläge und in schlimmen Fällen sogar Herz-Rhythmus-Störungen oder Asthma-Beschwerden.
Wenn Sie mehr über die Histaminunverträglichkeit erfahren möchten, empfehle ich Ihnen unseren Blog Artikel: “Histaminintoleranz » Liberatoren & Hemmer unterscheiden“
Fruchtzuckerunverträglichkeit – Fructosemalabsorption
Bei dieser Form der Unverträglichkeit kann der in Nahrungsmitteln enthaltene Fruchtzucker nicht komplett vom Körper aufgenommen werden.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber vor allem die Differenzierung zwischen der erblichen sowie der nicht erblichen Fructoseintoleranz.
Infolge des Verzehrs von Früchten, Fruchtsäften, bestimmten Gemüsesorten oder Marmeladen kann es zu Beschwerden wie Übelkeit, Blähungen und Bauchkrämpfen kommen. Hier spielt die tägliche Nahrungsmittelauswahl eine zentrale Rolle.
Glutenunverträglichkeit
Die Glutenintoleranz ist nicht mit der Weizenallergie zu verwechseln. Im Rahmen der Glutenintoleranz reagiert der Körper auf das Klebereiweiß Gluten, das in zahlreichen Getreidesorten wie etwa Hafer, Weizen, Roggen, Gerste oder Dinkel vorkommt. Die schwerste Form der Glutenunverträglichkeit – die Zöliakie – ist eine Autoimmunerkrankung: Bei dieser leiden die Betroffenen unter einer chronischen Entzündung der Dünndarmschleimhaut. Infolge ist der Dünndarm in seinen wichtigen Aufgaben und Funktionen beeinträchtig und die Nährstoffaufnahme massiv gestört. Die betroffenen Personen leiden unter teils schlimmen Mangelzuständen, Verdauungsstörungen und zahlreichen anderen belastenden Beschwerden.
Die Folge daraus ist eine sogenannte Zottenatrophie, also ein Verlust der wichtigen Dünndarm-Verwölbungen in der Schleimhautoberfläche. Eine glutenfreie Ernährung ist hier das A und O der Behandlungsmaßnahmen.
Wenn Sie mehr über die Glutenunverträglichkeit erfahren möchten, empfehle ich Ihnen unsere beiden Blog Artikel: “Glutenfrei backen » rundum genießen trotz Glutenintoleranz” und “Glutenintoleranz » Tipps für einen beschwerdefreien Genuss“
Auf den Punkt gebracht:
Bei einer Intoleranz gegenüber bestimmten Lebensmitteln ist im Vergleich zu einer Allergie keine Reaktion des Immunsystems gegeben. Die Ursache ist vielmehr ein Enzymdefekt.
Seltenere Intoleranzen – welche Unverträglichkeiten können noch auftreten?
Die oben erwähnten Unverträglichkeiten kommen vergleichsweise häufig vor und sind somit in der Bevölkerung auch sehr bekannt. Ganz anders sieht es hingegen mit anderen Intoleranzen vor – die sogenannten Pseudoallergien.
Menschen, die von einer chronischen Nesselsucht (Urticaria) betroffen sind, leiden im Allgemeinen häufiger an solchen Pseudoallergien. Zu diesen Unverträglichkeiten gehört zum Beispiel die Intoleranz gegenüber Sulfiten oder auch gegenüber Schwefeldioxid. Schwefelverbindungen dienen vor allem der Nahrungsmittelkonservierung: In Trockenobst sollen sie beispielsweise das Braunwerden der Früchte verhindern und somit für ein ansprechenderes Erscheinungsbild sorgen.
Doch Schwefelverbindungen kommen auch natürlicherweise in der täglichen Nahrung vor, so zum Beispiel in Wein, Zitronen, Sauerkraft oder Traubensaft.
Auch andere Zusatzstoffe in Lebensmitteln – die in den Zutatenlisten unter E-Nummern geführt werden – können vereinzelt pseudoallergische Reaktionen hervorrufen. Zu diesen Zusätzen gehören zum Beispiel Konservierungsstoffe, Aromastoffe oder Geschmacksverstärker wie Glutamat. Eine Glutamat-Intoleranz äußert sich zum Beispiel durch Kopfschmerzen, Spannungsgefühle im Gesicht sowie im Kopf, Schwindelgefühle und Schweißausbrüche.
Die Lebensmittelgruppen, die Pseudoallergien hervorrufen, verursachen erst in größeren Verzehrmengen unangenehme Symptome. Sie können im Alltag im Grunde ganz einfach gemieden und vom eigenen Speiseplan entfernt werden.
Die charakteristischen Symptome einer Unverträglichkeit
Im Rahmen einer Nahrungsmittelintoleranz kann es zu folgenden Symptomen kommen:
- Schluckbeschwerden
- Bauchkrämpfe
- Bauchschmerzen
- Blähungen
- Herzrasen
- Kopfschmerzen und Migräne
- Durchfall
- Dermatosen (Hautreaktionen)
- Flush (Gesichts- und Halsrötung)
- Müdigkeit und Erschöpfung
- Bei Kindern können zudem Wachstum- und Entwicklungsstörungen auftreten.
Wie kann eine Intoleranz diagnostiziert werden?
Die Diagnosestellung ist bei einer Unverträglichkeit oftmals gar nicht so einfach und kann auch einige Zeit beanspruchen. Im Fall einer Laktose- oder einer Fructoseintoleranz wird in der Regel ein Atemtest durchgeführt. Dabei wird eine Laktose- oder eine Fructose-Lösung nüchtern eingenommen. Anschließend wird in regelmäßigen Zeitabständen die Wasserstoffkonzentration im Atem bestimmt. Bei einer erblich bedingten Fruchtzuckerunverträglichkeit kann ein Gentest sehr aufschlussreich sein.
Bei einer Histaminintoleranz wird durch eine Ernährungsumstellung versucht, der Ursache der Beschwerden auf den Grund zu gehen.
Für drei bis sechs Wochen wird eine komplett histaminarme Kost eingehalten. Die in dieser Zeit auftretenden Symptome werden notiert. Anschließend werden – unter fachärztlicher Aufsicht – Schritt für Schritt weitere Nahrungsmittel in den Ernährungsplan aufgenommen. In Form eines Ernährungstagebuchs wird schließlich festgehalten, welches Lebensmittel unter Umständen zu welchen Symptomen führt. Auf diese Weise lassen sich verdächtige Stoffe sehr gut und einfach bestimmen.
Ergänzend können noch Blutuntersuchungen durchgeführt werden, die ebenfalls aussagekräftige Informationen liefern können. Eine Zöliakie lässt sich beispielsweise durch Bluttests und eine konkrete Antikörperbestimmung durchführen. Auch eine Biopsie des Dünndarms kann hier sehr aufschlussreich sein.
Die medizinischen Diagnosemaßnahmen haben sich in den letzten Jahren mehr und mehr weiterentwickelt, sodass betroffen Personen immer besser und rascher geholfen werden kann.
Ernährungsregeln – so essen Sie richtig bei Intoleranzen
Die richtige Ernährungsweise spielt bei einer Intoleranz eine zentrale Rolle. Bei den drei häufigsten Unverträglichkeiten sollten folgende Regeln beachtet werden:
Zöliakie | Laktoseintoleranz | Histaminintoleranz |
Glutenhaltige Lebensmittel müssen unbedingt vermieden werden: Dazu gehören alle Getreidesorten wie Roggen, Grünkern, Gerste, Weizen, Dinkel, Hafer usw. Auch herkömmliches Gebäck und Backwaren, Müsli-Mischungen und Bier sind verboten. | Vermeiden Sie milchzucker- haltige Lebensmittel wie zum Beispiel Milch und Milchprodukte, Milch-Eis, Käse oder Schokolade. Bei Fertiggerichten und Gebäck sollten Sie immer genau die Zutatenlisten durchlesen. | Vermeiden Sie histaminreiche Nahrungsmittel wie zum Beispiel Ananas, Erdbeeren, Spinat, Nüsse, Zitrusfrüchte, Schokolade, Käse oder Tomaten. Achten Sie darauf, Fleisch sehr frisch zu kaufen und die Kühlungskette nicht zu unterbrechen. Verarbeiten Sie es sofort nach dem Einkauf. |
Bevorzugen Sie naturbelassene Nahrungsmittel und meiden Sie Fertiggerichte. Wenn Sie fertige Produkte kaufen, sollten diese unbedingt mit der Aufschrift „glutenfrei“ gekennzeichnet sein. | Besonders gute Alternativen und sicher sind Soja-Drink, Reis-Drink, Mandel-Drinks und Kokosmilch. Lesen Sie auch hier immer die Inhaltsstoffe in den Zutatenlisten durch. | Der Histamin-Gehalt ist in frisch zubereiteten Gerichten wesentlich niedriger als in aufgewärmten Speisen oder in Konserven! Kochen Sie daher immer frisch! |
Getreidealternativen: Sogenanntes Pseudogetreide wie Quinoa und Amaranth, aber auch Reis, Buchweizen, Mais und Hirse. | Hartkäse ist von Natur aus milchzuckerfrei (laktosefrei). Die meisten Käsesorten wie Gouda, Emmentaler, Bergkäse oder Parmesan können daher bedenkenlos genossen werden. | Vitamin B6 unterstützt den Aufbau des Enzyms Diaminoxidase. Setzen Sie daher auf eine optimale Vitamin-B6-Versorgung. |
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Disclaimer:
Die in diesem Blogartikel dargestellten Inhalte dienen ausschließlich der neutralen Information, Weiterbildung und Unterhaltung. Sie stellen keine Empfehlung oder Bewerbung der beschriebenen oder erwähnten diagnostischen Methoden oder Behandlungen dar. Die Texte ersetzt keinesfalls eine medizinische Beratung durch einen Arzt. Bei gesundheitlichen Fragen, Beschwerden oder Problemen konsultieren Sie immer Ihren Arzt!